Die klassischen Währungen, welche auf staatlicher Souveränität beruhen, lassen sich grundsätzlich aufgrund der volkswirtschaftlichen Situation, der realen Zinssätze und anderen Faktoren bewerten. Die Entwicklung der Kurse gegenüber anderen Währungen vorauszusehen ist basierend auf diesen Analysen aber schwierig bis unmöglich. Nur wenige Fonds, welche sich auf den Handel mit Währungen spezialisieren, können langfristig eine positive Performance aufweisen.
Wie sieht die Situation bei den Kryptowährungen aus? Die Volkswirtschaftliche Komponente sowie das Vertrauen, welches ggf. ein Staat mitbringt, der die Währung herausgibt, fällt weg. Andere Faktoren beeinflussen die Wertentwicklung einer Kryptowährung.
Zwei Komponenten erscheinen uns primär wichtig: Die eine ist die Inflation. Bei vielen Kryptos wird nach wie vor geschürft, was das Zeugs hält. Inflationsraten von 12% sind keine Seltenheit. Die zweite Komponente ist die Möglichkeit, dass je nach Ausprägung und Funktion der Währung eine Form von Zinserträgen erwirtschaftet werden können oder auch nicht. Der Vergleich mit der Inflationsrate ergibt dann die Realverzinsung, ähnlich wie bei den klassischen Währungen.
Die Verzinsung der Kryptowährungen funktionieren meistens über das sogenannte Staking. Dies ist ein Prozess, bei dem Netzwerkteilnehmer Belohnungen erhalten können, indem sie ihre Coins in Kryptowallets sperren und sie zum Validieren von Netzwerktransaktionen oder als Liquiditätsquelle für andere zur Verfügung stellen.
Wie beim Ausleihen von Geldbeträgen bei den klassischen Währungen, wo die Auswahl der richtigen Schuldner mit ausreichender Bonität von Relevanz ist, ist auch das Staking nicht risikofrei. Auch hier gibt es vertrauenswürdigere, professionelle Gegenparteien und andere.
Weitere Faktoren, welche für eine Bewertung von Kryptos Sinn machen ist zum Beispiel auch die breite Akzeptanz im Markt. Kryptos, welche von Entwicklern bevorzugt werden, hohe Sicherheitsstandards bieten, tiefe Inflationsraten aufweisen und Transaktionen schnell und mit wenig Energieverbrauch abwickeln, dürften von Markt über die Zeit bevorzugt werden und im Wert zulegen.
Wie viele Entwicklungen in der elektronischen Welt, sind Kryptowährungen wohl nicht mehr wegzudenken. Die verschiedenen Konzepte werden besserer, sicherer, schnellerer und anpassungsfähiger.
Wir hatten bis jetzt immer kritisiert, dass bei den bestehenden Kryptowährungen aus ökonomischer Optik wirklich gute Ansätze fehlen, um als Zahlungs- und Wertaufbewahrungsmittel mit den klassischen Währungen mitzuhalten. Dies hat sich bei einigen Coins mittlerweile aber geändert. Nur schon die letzten zwei Jahre war die Entwicklung der Kryptolandschaft einem starken Wandel unterworfen. Solana z.B. weist ein Konzept vor, wie das Coin zu inflationieren ist und wie die Inflation schlussendlich unter Kontrolle gebracht werden soll. Transaktionen wickelt Solana blitzschnell, sicher und mit sehr wenig Energieverbrauch ab. Ironischerweise scheint aber genau das Inflationskonzept von Solana bis jetzt nicht wirklich funktioniert zu haben. Gegenüber der angestrebten Ziel-Inflation von 1.5% beträgt die aktuell realisierte Inflation satte 12.4%. Demgegenüber steht ein Staking-Ertrag von etwas mehr als 7% … es bleibt ein Realverlust von rund 5%. Solana scheint aus dieser Optik aktuell nicht gerade das beste Investment zu sein.
Ether hingegen toppt in diesen Punkten fast alle anderen Kryptos mit einer Inflationsrate, welche die letzten zwei Jahre praktisch bei null lag und einen Staking-Reward von um die 3% hergibt. Beim USD liegt die reale Rendite mit rund 2% etwas tiefer (Geldmarktzins ca. 5.2%; Inflation ca. 3.1%). Wenn man dann noch die hohe US-Verschuldung als Entscheidungsgrundlage beizieht, müsste man sein Geld eigentlich eher in Ether als in USD anlegen. Ether - aktuell die zweitgrösste Kryptowährung nach Bitcoin - geniesst eine hohe Akzeptanz im Markt, die zugrundeliegende Plattform wird von vielen Entwicklern zur Programmierung von D-Apps benutzt und weist einen Plan auf, wie die nächsten Jahre Verbesserungen vorgenommen werden sollen (Roadmap). Durch das Umstellen von Mining zu Staking, um Transaktionen zu bestätigen, verbraucht Ether mittlerweile sehr viel weniger Energie (für mehr Verständnis der Sachlage, bitte die Begriffe selber googlen 😊).
Tabelle: Inflation und Staking-Ertrag von einzelnen Kryptowährungen
Quelle: https://www.kryptovergleich.de/wissen/inflation-von-kryptowaehrungen und https://www.stakingrewards.com
Beim Vergleich der Inflationszahlen ist allerdings Vorsicht geboten, da sich die Ideen und Funktionsweisen der Coins zum Teil massiv unterscheiden. Bei Binance Coin wurden z.B. anfänglich 200 Millionen Coins herausgegeben. Teile davon wurden sofort verkauft und andere an die Startinvestoren und Entwicklern angedient. Die Börse Binance kontrolliert den Coin und konnte damit anfänglich rund 15 Millionen USD zu Entwicklung des Unternehmens einnehmen. Nun werden laufend Coins vernichtet, um die Zahl der verfügbaren «Münzen» bis auf 100 Millionen zu reduzieren. Eine gezielte Deflation und das Einschränken des Angebots gehört hier zum Konzept.
Die in der Tabelle angegeben Staking-Erträge sind in etwa mit den offiziellen Zinssätzen der Notenbanken in den klassischen Währungen zu vergleichen. Höhere Erträge sind je nach Auswahl der Staking-Partner oder anderen Vorgehensweisen möglich. Bei Bitcoin, Ripple und Dogecoin ist das reine Staking technisch nicht möglich. Über Ausleihen der Coins und anderen Methoden kann in diesen Kryptos dennoch ein Ertrag erwirtschaftet werden.
Nach den stärkeren Kursrücksetzern der letzten zwei Monaten, könnte ein Einstieg in die eine oder andere Kryptowährung interessant sein. Die Schwankungen gegenüber unserem Schweizer-Franken sind immer noch sehr hoch und die Risiken teils schwer abzuschätzen. Der Konkurs von diversen Kryptobörsen hat gezeigt, dass insbesondere die sichere Aufbewahrung der Tokens durchaus eine Herausforderung sein kann.
Für das Anlegen in Kryptos gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die übliche ist die Aufbewahrung in einer elektronischen Brieftasche (Wallet). Die Schlüssel der Coins können dabei auf dem eigenen Server/PC gespeichert sein, was entsprechendes Know-How benötigt und spezifische Risiken mit sich bringt, oder man vertraut diese extern einem Provider an (Coinbase, Blockchain.com u.s.w.). Die meisten Provider bieten ein einfaches Handy-App, mit welchem die Coins verwaltet werden können (Handel, Zahlungen u.s.w.). Die andere Möglichkeit, welche vor allem für Anleger interessant ist, welche so oder so über ein Wertschriftenportfolio verfügen, ist der Kauf eines Fonds oder Zertifikats, welche die Wertentwicklung der gewünschten Coins abbilden. Üblich und zunehmend beliebt, sind kostengünstige börsengehandelte ETF. Achtung: Die Kostenunterschiede der Produkte sind zum Teil erheblich.
Im Kryptomarkt sind immer noch sehr viele Betrüger unterwegs, die Privatpersonen mit allen möglichen Mitteln für ein überteuertes Angebot bewerben möchten oder mittels direkten Betrugsversuchen versuchen, an das Geld der Personen zu kommen, die ihnen ungerechtfertigt Vertrauen schenken. Bevor Sie sich in diesem Bereich mit ihrem Ersparten engagieren, informieren Sie sich ausreichend oder nehmen Sie unsere Beratung in Anspruch.
Und wenn Sie sich für ein Investment entscheiden: Bei der Anlage in Kryptowährungen sind neben der Kursentwicklung, technologischen Aspekten u.a. auch die Inflationsraten zu beachten.